Wer in der Berliner City (West) in Ruhe einen Kaffee trinken möchte, hat es gar nicht so leicht. Selbst an Wochentagen kann es rund um den Breitscheidplatz so voll werden, dass einem die Freude daran schnell wieder vergeht. Überfüllte Cafés mögen die Betreiber freuen, deren Kassen klingeln. Und Berlin-Touristen, die auf diese Art Großstadt-Feeling stehen.
Diese Woche habe ich eine Kaffeebar ausprobiert, die einerseits “mittendrin” liegt, aber dennoch eine ausgesprochen entspannte Atmosphäre bietet. Sie befindet sich im Modegeschäft Esprit, in der Filiale im Europacenter, Tauentzienstraße 9-12, 10789 Berlin.
Jacken, Hosen, Handtaschen oder T-Shirts zu kaufen, um dort einen Kaffee zu trinken, ist nicht erforderlich. Wer nicht zum ausgiebigen Stöbern kommt, wird die Kaffeebar vermutlich gar nicht wahrnehmen. Ja, selbst wer sich im Geschäft umsieht, wird sie nicht in jedem Fall entdecken, denn der schmale Eingang befindet sich in einer Ecke im Obergeschoss.
Das bedeutet jedoch nicht, dass sich für die Gäste nicht um eine attraktive Lage handeln würde. Ein kleiner, verglaster Vorbau ragt an dieser Stelle aus dem Europacenter hervor, was eine großartige Sicht auf den Tauentzien ermöglicht, nach vorne, nach links und nach rechts. Draußen pulsiert das Leben, für meinen Geschmack etwas zu viel. Doch hinter Glas, abgeschirmt vom Lärm, einige Meter über dem Boden und mit Klimaanlage kann ich mich dafür doch begeistern. Sogar schon vor dem ersten Schluck Kaffee und einem Koffeinschub. Die Blätter der Bäume verdecken die Sicht teilweise, unterstützen dafür den entspannten Gesamteindruck.
Die Worthülse “stylish” gehört nicht zu meinem Standardwortschatz, doch dieses Etikett würde man der Location wohl verpassen. Die großen, weißen Tischplatten, die weißen Stühle und die interessanten weißen Lampen unterstützen den hellen, leichten Eindruck. Wer diesen Raum gestaltet hat, verdient großes Lob. Der Raum ist vergleichsweise klein, hat eine sehr angenehme Größe, bietet dennoch verschiedene Arten von Sitzmöbeln und ist ein Musterbeispiel für gute Platzausnutzung.
Nur die Musik aus dem Verkaufsbereich von Esprit, die in der Kaffeebar über in die Decke eingelassene Lautsprecher von Bose in sattem Sound zu hören ist, konnte bei meinem Besuch das hohe Niveau des Gesamteindrucks nicht unterstützen. Sie war nicht unangenehm, doch sie passte nicht zu meinem Bild der Marke Esprit, obwohl mir klar ist, dass das Unternehmen auch Labels für die jungen Zielgruppen im Portfolio führt. Etwas mehr Anspruch und mehr Songs für junge Erwachsene würden den Markenauftritt akustisch besser unterstützen, zum Stil der Kaffeebar passte der Sound jedenfalls nicht.
Der Mann an der Kasse war kommunikativ und brachte die Getränke sogar an den Platz. Eigentlich wollte ich meinen Cappuccino pur trinken, um die Qualität besser beurteilen zu können. Doch Ananasaroma bietet nicht jeder Coffeeshop, deshalb entschied ich mich spontan dafür, das sofort zu probieren. So gut wie das empfehlenswerte Haselnussaroma schmeckte es zwar nicht, aber ich bereue meine Wahl dennoch nicht. Für einen heißen, sonnigen Augustnachmittag ist Ananas als Geschmacksrichtung schon in Ordnung.
Ein ganz großer Pluspunkt: Man kann nicht draußen sitzen. Ja, das ist ein Pluspunkt, denn was mich sehr stört in vielen Cafés ist der Zigarettengestank, der von draußen in die Innenräume hereinzieht, wenn die Türen geöffnet werden. Das kann hier nicht passieren.
Um mehr Kunden in die Kaffeebar zu bekommen, sollte im Geschäft deutlich auf den Cafébereich hingewiesen werden. Und im Eingangsbereich könnte man in der Hinsicht ebenfalls etwas tun.
Schwach ist allerdings auch, dass die Esprit Coffeebar derzeit nicht in der Übersicht der Website vom Europa-Center unter Cafés, Bars und Kneipen aufgeführt ist, auf der Infoseite zu Esprit vom Europa-Center wird die Kaffeebar ebenfalls nicht erwähnt. Bescheid zu sagen, ist generell nicht die große Stärke von Coffeeshops und Kaffeebars.